Schmerzen gehören zum Leben dazu, sie haben ihre Funktion. Unsere innere Einstellung zum Schmerz gibt uns die Möglichkeit, die Aufgabe hinter dem Schmerz zu erfahren oder den Schmerz als Leid in unserem Leben anzunehmen. Nur wenn wir uns gegen den Schmerz wehren, den Kampf gegen ihn aufnehmen, erfahren wir Leid. Und wenn wir nur noch Leid erfahren sind wir vollkommen mit dem Schmerz identifiziert. Dieser Zustand hält die Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit aus unserem Dilemma aufrecht.
Am Krankheitsbild der Fibromyalgie (lateinisch fibra „Muskel“ und algos „Schmerz“) möchte ich verdeutlichen, was der verbundene Atem bewirken kann. Faszien sind ein körperumspannendes Netzwerk aus Fasern, Hüllen und Schläuchen. Sie können sich verkürzen und miteinander verkleben, wenn sie außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt werden. So wie die Haut den Körper von außen zusammenhält, so halten die Faszien den Körper im Innern zusammen und geben ihm im Normalfall die notwendige Stabilität. Sind die Faszien verspannt, beziehungsweise verklebt, kann der Körper nicht genügend Sauerstoff aufnehmen. Von diesem Sauerstoffmangel sind dann zwangsläufig alle Organe, Muskeln, Knochen und sogar das Gehirn betroffen. Lange wurde ihre Rolle bei chronischen Schmerzen oder Gelenkversteifungen in der Medizin unterschätzt. Nur langsam macht sich die Annahme, dass chronischer Stress sich ungünstig auf die Struktur des Bindegewebes auswirkt, breit.
Dabei unterscheidet man zwischen oberflächlichen Faszien (Organe, Drüsen, Nerven und Blutgefäße), die tiefen Faszien (Knochen, Muskelfasern und Muskeln) und viszerale Faszien (Aufhängung und Einbettung der inneren Organe, wie Hirnhaut, Herzbeutel, Lungen- oder Bauchfell). Durch das Zusammenziehen der Muskeln unter Stresssituationen werden Schmerzsignale an das Gehirn gesendet. Dies hat Einschränkungen in der Energieaufnahme, der Körperhaltung, der Energieverteilung, der Stabilität, der Beweglichkeit, der Kraft des Denkens, dem Abtransport von Abfallstoffen, der Immunabwehr und der Körperwahrnehmung zur Folge. Für den Betroffenen kann dies aufgrund der andauernden Schmerzen Konzentrationsstörungen und mangelnde Lebensfreude bedeuten.
Gelingt es uns aber in unserem Bewusstseinsprozess die Botschaft des Schmerzes zu erkennen und als Botschaft anzunehmen, können wir durch die Transformation des bewusst verbundenen Atems den natürlichen Fluss des Lebens wiederherstellen. Durch den achtsamen Atem und die Innenschau auf unsere Blockaden im Leben sind wir in der Lage, uns mehr und mehr mit neuer Energie zu versorgen. Wir weiten den gesamten Brustkorb, das Zwerchfell kann sich freier bewegen, wir können unsere Lungen vollständig mit Luft füllen. Die Energie kann durch unseren ganzen Körper strömen, die Faszien werden immer besser mit dem notwendigen frischen Sauerstoff versorgt und Abfall- und Giftstoffe können nun wieder besser abtransportiert und entsorgt werden. Die Atemenergie steigert unser Wohlbefinden, die Klarheit des Denkens und unsere Vitalität. Wir können unsere inneren Widerstände und Blockaden überwinden.
Ich selbst habe die Botschaften meiner Schmerzen erkannt und bin ihnen in meinen eigenen Sitzungen nachgegangen. Ich habe mich mit den Themen und Blockaden meiner Vergangenheit auseinandergesetzt und fühle heute eine neue Bewegungsfreiheit. Und dies nicht nur körperlich, sondern in allen Bereichen meines Lebens. Dies ist ein wahrlich großes Geschenk! Ich bin dankbar für die Signale und Botschaften meines Körpers.
Luise Reddemann schreibt 2004 im Nachwort zum Buch „Die vergessene Generation – Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen“ von Sabine Bode:
„Wir müssen mehr und mehr verstehen lernen, dass der Körper sich ganz unmittelbar erinnert und dies durch Schmerz ausdrückt. Wenn man den Schmerz des Körpers versteht und übersetzt, kann er aufhören, wehzutun.“