Die Beziehung zu unseren Eltern klären
Tilke Platteel-Deur – Die Kunst der Integrativen Atemtherapie
Natürlich haben wir nicht nur eine Beziehung zu unseren Eltern, sondern auch zu Geschwistern, Freunden, Kollegen, Partnern und vielen anderen Menschen in unserem Leben. Die erste Beziehung, nämlich die zu unseren Eltern, ist wahrscheinlich, die, die uns am meisten beeinflusst. Sie ist wie eine Blaupause – ein Entwurf – für alle Beziehungen, die später im Leben entstehen. Menschen haben immer eine tiefe – manchmal versteckte – Sehnsucht nach Einheit und Harmonie. Ich gehe davon aus, dass eine Seele sich einen Körper wählt, um Lebenserfahrungen zu sammeln und, dass unsere Seelen mit einer „alles verbindenden Essenz“ verbunden sind und bleiben. Die Seele ist unsterblich und unverletzbar. Inkarniert im Mutterleib, in dem wir gefüttert und behütet werden, erfahren wir ein Gefühl der Einheit, das immer noch göttlich zu sein scheint. Bei der Geburt aber erleben wir oft ein tiefes Gefühl der Trennung; wir fühlen uns, als ob wir aus dem Paradies vertrieben wurden. Aufgrund dieser Erfahrungen wurden vielleicht negative Gedankenmuster über das Leben und Beziehungen geformt, wie z.B. „Ich bin allein, aber ich kann es allein nicht schaffen“, „Ich bin nicht in Sicherheit“ oder „Liebe ist unsicher“. Unsere Erziehung verstärkt dieses negative Gedankensystem, aber tief in uns verborgen, ist die Sehnsucht nach Einheit immer noch da. Wenn wir uns verlieben, suchen wir in unseren Partnern das verlorene Paradies; wir suchen es als verletzte Kinder und so benehmen wir uns auch manchmal. Wir haben Angst davor, Liebe zu geben und zu empfangen.
Die erste Erfahrung in Sachen Beziehung machen wir, wenn wir beobachten, wie unsere Eltern miteinander und mit uns umgehen. Und genau das wiederholen wir unbewusst in unseren späteren Beziehungen. Was mit den Eltern noch ungelöst ist, wiederholen wir in anderen Beziehungen, ein unbewusster Versuch, die alten Unklarheiten zu bereinigen. Der Weg aus dem Dilemma ist die Heilung der Beziehung zu unseren Eltern. Wieder und wieder habe ich bei mir oder meinen Klienten und Studenten gesehen, dass ab dem Moment, an dem wir lösen, was mit Mutter oder Vater im Unklaren ist, unser Leben und unsere Beziehung zu anderen einfacher und erfolgreicher verläuft.
Jetzt denke bloß nicht, dass Problemlösung über Streit oder Unfreundlichkeit funktioniert. Es geht darum, die Vergangenheit so zu sehen, wie sie war – ohne Urteil. Es geht um Verzeihung und darum, unsere Eltern wieder in die ehrenvolle Position zurückzusetzen, die sie ursprünglich hatten, und sie wie früher zu respektieren. Wir sollten erkennen, dass sie ihre Aufgabe gut erfüllt haben, die Aufgabe uns aufzuziehen bis wir für uns selbst sorgen konnten …
… Wenn ich davon ausgehe, dass meine Seele gezielt die zukünftigen Eltern ausgewählt hat, ist mein gepflegter Groll ihnen gegenüber gleichzeitig eine permanente Kritik an der getroffenen Wahl. Das drückt ein tiefes Misstrauen gegenüber meinem tiefsten Selbst, meiner eigenen Seele aus. Das bedeutet, dass ich nicht nur meine Eltern, sondern auch mich selbst verliere.
Wenn wir unsere Eltern annehmen, so wie sie sind, kommen wir zurück zu unserer ursprünglichen Liebe für sie, was aber nicht heißt, dass wir uns von ihnen abhängig machen müssen wie ein Kind. Es bedeutet, Liebe und Frieden in unserem Herzen zu finden und unsere Urteile komplett gehen zu lassen, es darf alles gewesen sein. Was unsere Eltern auch immer in der Vergangenheit getan haben, ist in der Vergangenheit. Wir sind jetzt erwachsen und tragen unsere eigene Verantwortung für unseren Frieden und unser Glück. Für alle Zeiten Groll zu hegen, wird uns niemals Frieden bringen und wir werden uns noch immer als Opfer fühlen. Wir sind frei, zu handeln, wie wir es möchten, verärgert zu bleiben oder auch nicht, aber wie wir uns auch entscheiden, wir sollten uns über die Konsequenzen im Klaren sein. Unsere Eltern zu akzeptieren, bedeutet einfach, ihnen zu vergeben und uns selbst zu verzeihen.